Das Ende einer Legende: Frankfurts Grüne Soße verliert ihr Festival

Sie ist mehr als nur eine Beilage – für viele Frankfurter ist sie Kult, Heimat und Frühlingsgefühl auf dem Teller: die Grüne Soße, oder wie man in Hessen liebevoll sagt, die "Grie Soß".

Frankfurt, kulinarisches Herzstück, Soßenfestival
Frankfurts kulinarisches Herzstück stirbt – das Grüne-Soßenfestival 2025 zum letzten Mal.

Jährlich wurde das aromatische Kräuterwunder mit einem eigenen Festival gefeiert – mit Musik, Kabarett und einem Wettbewerb der besten Soßenköche.

Doch 2025 ist Schluss: Nach 18 Jahren verabschiedet sich das beliebte Event. Für Außenstehende mag es überraschend klingen, dass eine kalte Kräutersoße solche Emotionen weckt.

Doch die Geschichte dieser Spezialität reicht weit zurück – bis zu Goethes Mutter und vielleicht sogar bis ins alte Rom. Ein kulinarischer Abschied, der die Seele einer ganzen Region berührt.

Sieben Kräuter – ein Kult

Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer, Kresse, Kerbel, Pimpinelle und Borretsch – wer von Frankfurts Grüner Soße spricht, kommt an dieser magischen Sieben nicht vorbei.

Die Kräutermischung ist nicht nur Geschmacksträger, sondern Identitätssymbol.

So sehr, dass 2006 ein Verein gegründet wurde, um die Originalität zu schützen. 2011 folgte dann der EU-weit gültige Herkunftsschutz: Mindestens 70 Prozent der Kräuter müssen aus dem Raum Frankfurt stammen, sonst darf sich die Mischung nicht „Frankfurter Grüne Soße“ nennen.

Goethes Leibgericht?

Die wohl populärste Legende rankt sich um Catharina Elisabeth Goethe, Mutter des berühmten Dichters. Sie soll die Grüne Soße erfunden haben – angeblich war sie das Leibgericht ihres Sohnes.

Tatsächlich gibt es keinen schriftlichen Beweis dafür, dass Goethe jemals von der Soße schwärmte.

Aber was ist schon ein fehlender Quellennachweis gegen eine so schöne Geschichte?

Frankreich, Italien – oder doch Frankfurt?

Historisch betrachtet, dürfte die Grüne Soße eher aus Frankreich stammen. Die Hugenotten, protestantische Glaubensflüchtlinge, brachten im 17. Jahrhundert ihre sauce verte mit nach Hessen – eine kalte Kräutersoße auf Mayonnaisebasis, die sie in ihrer neuen Heimat anpassten.

Andere Quellen verweisen auf die italienische salsa verde, die bereits im antiken Rom existiert haben soll. Wie auch immer: In Frankfurt fand die Soße ihren festen Platz – auf den Tellern, in den Herzen, im Stadtbild.

Ein Festival sagt leise Servus

Was 2008 begann, wurde zur Institution: das Grüne-Soße-Festival im Mai. Acht Tage lang traten Restaurants und Kochteams gegeneinander an, das Publikum kürte den besten Grie-Soß-Anbieter.

Begleitet wurde das Ganze von einem vielfältigen Programm aus Musik, Kabarett und Kultur. Doch 2025 ist Schluss – zumindest in dieser Form.

Die Gründe: explodierende Kosten, fehlende Sponsoren, aufwendige Logistik und ein verändertes Konsumverhalten nach der Pandemie.

Ein letztes Mal Hochgenuss

Vom 13. bis 24. Mai 2025 wird die Soße noch einmal gefeiert – mit 49 Varianten, Live-Shows, einem kulinarischen Markt und jeder Menge Emotion.

In den Oberräder Gewächshäusern, die seit 2007 als Denkmal für die sieben Kräuter leuchten, dürfte es in diesen Tagen besonders lebendig zugehen.

Doch das Ende ist vielleicht ein Anfang: Die Veranstalter denken über neue Formate nach. Eines steht fest – die Grüne Soße ist gekommen, um zu bleiben. Und vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment, sie wieder selbst zuzubereiten. Ob mit Wiegemesser oder Pürierstab, mit Schmand oder Joghurt – am Ende zählt nur, dass sie schmeckt.

Denn wie heißt es so schön in Frankfurt:
„Über sieben Kräuter musst du gehen.“

Kräuter Frankfurter Grünen Soße, Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer, Kresse, Kerbel, Pimpinelle, Borretsch
Die sieben Kräuter der Frankfurter Grünen Soße: Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer, Kresse, Kerbel, Pimpinelle und Borretsch

Zutaten für 4 Personen:
🟢 1 Bund Petersilie
🟢 1 Bund Schnittlauch
🟢 1 Bund Kerbel
🟢 1 Bund Kresse
🟢 1 Bund Pimpinelle
🟢 1 Bund Sauerampfer
🟢 1 Bund Borretsch

➕ 250 g Schmand oder saure Sahne
➕ 2 hartgekochte Eier
➕ 1 TL mittelscharfer Senf
➕ Salz, Pfeffer, Zitronensaft

Zubereitung:
🔪 Die Kräuter gründlich waschen, trocknen und fein hacken – am besten mit dem Wiegemesser.
🥚 Eier pellen, fein würfeln oder durch ein Sieb streichen.
🥣 Alles mit Schmand und Senf vermengen, kräftig mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.
❄️ Für vollen Geschmack 1 Stunde im Kühlschrank ziehen lassen.

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