Wetterkarten zu rot? Der Streit um angebliche Klimapanik – was wirklich hinter den Farben steckt

Seit Jahren heißt es, rote Wetterkarten sollen Panik vor dem Klimawandel verbreiten. Stimmt das? Wir klären, was hinter dem Vorwurf steckt.

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Im Verlauf der nächsten Woche wird es aus Frankreich sehr warm bis heiß. Daher sind die Farben der Wetterkarte zunehmend rötlich gefärbt. Das war schon immer so.


In sozialen Netzwerken kursieren regelmäßig Vorwürfe, Wetterkarten seien in den letzten Jahren „röter“ geworden – angeblich, um Angst vor dem Klimawandel zu schüren. Diese Behauptung wird oft begleitet von Bildvergleichen: ein Wetterbericht von vor zehn Jahren mit dezenten Farben neben einem aktuellen mit kräftigem Rot bei gleicher Temperatur. Schnell entsteht der Eindruck, hier werde mit visueller Dramatisierung gearbeitet. Der Vorwurf: Meteorologen würden mit Absicht „Klimapanik“ verbreiten. Doch stimmen diese Behauptungen? Oder ist es wieder nur eine moderne Form von Desinformation?

Farbwahl bei Wetterkarten: Technik und Wahrnehmung

Die Farbgebung bei Wetterkarten folgt keinem Zufall, sondern hat sich mit der technischen Entwicklung verändert. Moderne Wettergrafiken basieren auf sogenannten „Heatmaps“, die Temperaturbereiche mit präzisen Farbverläufen darstellen. Dabei steht Blau traditionell für Kälte, Rot für Wärme. Diese Codierung ist wissenschaftlich sinnvoll und leicht verständlich – sie wird weltweit genutzt, nicht nur in Deutschland.

Frühere Wetterkarten nutzten oft flachere, kontrastärmere Farbskalen – nicht aus politischer Zurückhaltung, sondern weil TV-Grafiksysteme noch nicht die heutigen Möglichkeiten boten. Eine optisch stärkere Darstellung bedeutet nicht automatisch Manipulation, sondern spiegelt den technologischen Fortschritt und das Bedürfnis nach mehr Klarheit wider.

Warum nehmen Verschwörungstheorien zu?

Spätestens seit der Corona-Pandemie sind viele Menschen misstrauischer gegenüber Medien und Wissenschaft geworden. Dieses Misstrauen entlädt sich heute in vielen Bereichen – vom Impfen über den Klimawandel bis hin zur Wetterberichterstattung.

Rote Wetterkarten werden dabei als Symbol für eine angebliche „Panikstrategie“ gesehen. In Wahrheit bedienen sich viele Posts auf Social Media jedoch bewusst aus dem Kontext gerissener Bilder oder manipulieren sogar alte Karten nachträglich. Die Falschinformationen verbreiten sich rasant – Algorithmen belohnen Emotion, nicht Genauigkeit.

Wer glaubt so etwas – und warum?

Nicht alle, die an solche Thesen glauben, sind irrational. Viele fühlen sich überfordert von ständigen Krisen – Pandemie, Inflation, Klimawandel – und suchen nach einfachen Antworten. Der Vorwurf „alles wird nur schlimmer dargestellt“ wirkt tröstlich im Vergleich zur Realität, dass der Klimawandel ernst ist.

Verschwörungstheorien funktionieren, weil sie klare Schuldige anbieten und komplexe Zusammenhänge simplifizieren. Sie geben Kontrolle zurück – zumindest gefühlt. Psychologisch spricht man hier von „kognitiver Dissonanzreduktion“. Wer nicht wahrhaben will, dass sich das Klima messbar verändert, sucht nach Auswegen. Die „rote Wetterkarte“ wird dabei zur Projektionsfläche.

Fazit: Farbwahl ist kein Beweis für Panikmache

Wetterkarten sind visuelle Hilfsmittel – keine politischen Statements. Die Farbwahl hat sich geändert, ja – aber nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus technischen und gestalterischen. Es ist legitim, über mediale Darstellung zu diskutieren. Aber es ist unwissenschaftlich, daraus eine Verschwörung abzuleiten.

Der Klimawandel ist messbar, global dokumentiert und real. Wer ihn leugnet, greift häufig zu Nebenschauplätzen wie Farbdarstellungen – in der Hoffnung, dadurch den gesamten Diskurs zu diskreditieren. Doch der Planet wird nicht weniger warm, nur weil man das Rot weniger mag.

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