40-Grad-Hitze und Schneesturm-Chaos? Warum dieselben Wetter-Extremprognosen jedes Jahr wieder Schlagzeilen machen

Jedes Jahr dieselbe Leier: Jahrhundertwetter mit Ansage. Heiße Sommer, eisige Winter – angeblich. Doch die Wahrheit sieht anders aus.

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Jedes Jahr die gleichen unseriösen Schlagzeilen: Jahrhunderwinter, Jahrhundertsommer und besonders beim Winter stimmte es in den vergangenen 10 Jahren nie.

Kaum wird es im Mai ein paar Tage warm, geht es wieder los: „Droht uns ein Jahrhundertsommer?“ „Steigen die Temperaturen jetzt auf 40 Grad?“ Die Medien, die für solche Prognosen bekannt sind, legen früh los. Ähnlich funktioniert es im November – da kommt dann der angeblich sicher bevorstehende Jahrhundertwinter.

Die Storys sind meist identisch: Extreme Wetterlagen, historisch einmalige Temperaturen, gefährliche Entwicklungen. Nur das Timing bleibt auffällig: Die Panik beginnt immer schon ein bis zwei Monate vor den eigentlich betroffenen Jahreszeiten. Die Inhalte sind oft schlecht belegte Deutungen langfristiger Wettertrends – aufgeladen mit dramatischen Schlagwörtern und gefühlt immer derselben Rhetorik.

So funktionieren die Wetter-Drama-Schlagzeilen

Das Schema hinter diesen Artikeln ist einfach: Man nehme einen unspektakulären Temperaturtrend, würze ihn mit einem Superlativ, und schon steht da die nächste „Schockprognose“. Begriffe wie „40 Grad möglich“ oder „Schneesturmgefahr steigt“ suggerieren konkrete Vorhersagen, obwohl sie oft reine Mutmaßungen sind. Seriöse Wetteranalysen beschäftigen sich mit Wahrscheinlichkeiten und Unsicherheiten – aber das verkauft sich schlecht. Stattdessen dominieren Bilder von ausgetrockneten Feldern oder zugeschneiten Straßen – gerne aus alten Jahren, denn aktuelle Extreme gibt es meist gar nicht. Die erzeugte Angst wirkt, weil sie gezielt alltägliche Sorgen wie Hitze, Heizen oder Verkehrschaos anspricht.

Warum die Vorhersagen fast nie stimmen

Ob Jahrhundertsommer oder Mega-Winter – in der Rückschau bleibt von den Ankündigungen meist wenig übrig. Die Sommer waren oft durchwachsen, die Winter eher mild. Trotzdem wird Jahr für Jahr aufs Neue das große Wetterdrama angekündigt. Warum? Weil niemand später Bilanz zieht. Die Erinnerung an vergangene Fehlprognosen verblasst schnell. Wer im November von Schneemassen liest, hat das Thema im Januar oft schon vergessen – selbst wenn der Winter grün blieb. Diese fehlende Kontrolle erlaubt es, dieselben Geschichten regelmäßig neu aufzulegen. Sie folgen keinem Wetter, sondern nur dem Interesse am größtmöglichen Effekt.

Warum Menschen trotzdem immer wieder darauf hereinfallen

Wetter betrifft jeden – das macht es emotional. Wenn Warnungen von 40 Grad oder Schneestürmen kommen, reagieren viele sofort mit Sorge. Solche Schlagzeilen treffen genau den Nerv der Zeit: Energiepreise, Klimadebatten, Naturkatastrophen. All das schwingt mit, wenn ein einzelner Satz Angst auslöst. Hinzu kommt: Der Mensch liebt Muster. Wenn jedes Jahr zur selben Zeit dieselbe Geschichte kommt, erscheint sie plötzlich glaubwürdig – selbst wenn sie nicht stimmt. Es entsteht eine gefühlte Wahrheit, die mit der echten Lage kaum noch etwas zu tun hat.

Immer wieder dasselbe Spiel

Ob im Frühling oder im Spätherbst: Das Wetter wird Jahr für Jahr zur Bühne für mediale Inszenierungen. Die Geschichten gleichen sich, die Inhalte sind austauschbar, die Wirkung ist kalkuliert. Der Unterschied zur Realität? Der ist oft riesig – interessiert aber kaum jemanden. Hauptsache, es klickt. Und so wird es auch im nächsten Mai wieder heißen: „40 Grad stehen bevor!“ Und im November: „Schneesturm-Gefahr!“ Ob’s wirklich so kommt, spielt längst keine Rolle mehr.

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