Wetterforscher rechnet hart ab: „Jahrhundertsommer“-Prognosen im Mai sind "völliger Schwachsinn"
Schon wieder wird vor einem „Jahrhundertsommer“ gewarnt – doch was steckt wirklich hinter diesen reißerischen Behauptungen?

Kaum sind die letzten Frühlingstage vorbei, geht es auch schon wieder los: Meldungen über angeblich bevorstehende Wetterextreme, die uns einen sogenannten „Jahrhundertsommer“ vorhersagen. Die Schlagzeilen gleichen sich von Jahr zu Jahr – und treffen selten zu.
Im November wird der „kälteste Winter seit Jahrzehnten“ angekündigt, im Mai folgt dann der „heißeste Sommer aller Zeiten“. Und das auf Basis vager Trends, oft garniert mit Halbwissen oder missverstandenen Wettermodellen. Kein Wunder, dass so mancher Meteorologe bei dieser Art von Berichterstattung die Stirn runzelt.
Warum Langfristprognosen so unsicher sind
Wetter ist ein hochkomplexes System. Die physikalischen Prozesse, die unser Klima bestimmen, verlaufen auf globaler Ebene und unterliegen enormen Schwankungen. Selbst mit modernster Rechenleistung sind zuverlässige Wetterprognosen meist nur für wenige Tage möglich.
Aussagen über Temperaturspitzen oder Extremereignisse, die Monate im Voraus gemacht werden, beruhen nicht auf gesicherten Erkenntnissen, sondern oft auf groben statistischen Modellen. Diese können allenfalls Tendenzen zeigen – konkrete Werte oder regionale Aussagen sind damit nicht seriös zu treffen.
Von Wahrscheinlichkeiten und Wunschdenken
Wer im Mai behauptet, es werde im August 40 Grad heiß, handelt nicht mit Wissen, sondern mit Wahrscheinlichkeitsspekulation. Es ist schlichtweg unmöglich, mit belastbarer Sicherheit jetzt schon zu wissen, wie sich Hochdruck- oder Tiefdrucksysteme in mehreren Wochen verhalten werden.
Auch die Erwärmung durch den Klimawandel führt nicht automatisch zu planbaren Extremen in einem bestimmten Sommer. Der Begriff „Jahrhundertsommer“ ist zudem irreführend: Solche Ereignisse lassen sich immer erst rückblickend einordnen – nicht im Voraus.
Warum solche Aussagen gefährlich sind
Reißerische Wetterprognosen haben nicht nur einen nervigen, sondern auch einen gefährlichen Nebeneffekt: Sie schwächen das Vertrauen in die Wetterwissenschaft. Wenn jedes Jahr neue Extreme angekündigt werden, stumpft das Publikum ab. Echte Warnungen bei realen Gefahrenlagen werden dann womöglich nicht mehr ernst genommen. So wird kurzfristiger Klickerfolg auf Kosten der Glaubwürdigkeit einer ganzen Fachrichtung erzielt – und das macht viele seriös arbeitende Forscher zurecht wütend.
Kritisches Denken statt Panikmache
Wer sich über das Wetter informieren möchte, sollte auf realistische Zeiträume achten. Seriöse Prognosen enden oft bei einer Woche – alles darüber hinaus ist mit Vorsicht zu genießen. Die Einordnung langfristiger Trends gehört in wissenschaftliche Kontexte, nicht in knallige Schlagzeilen. Denn solange wir nicht einmal das Wetter in zwei Wochen verlässlich vorhersagen können, sollte man sich von marktschreierischen Jahrhundertprognosen nicht verrückt machen lassen. Sie gehören eher in die Kategorie Unterhaltung als Information.