Kunst, Klingen und Fachwerk: Diese Stadt in Nordrhein-Westfalen steckt voller Überraschungen
Ritterschätze und die womöglich gehaltvollste Kaffeetafel im Land sind nicht die einzigen Trümpfe Solingens. Die Stadt im Bergischen Land hält gleich mehrere Rekorde - und bietet ein einzigartiges Klettererlebnis

Biegt sich der Tisch unter Schwarzbrot und Stuten, Kompott und Rübenkraut, Milchreis, Waffeln und heißen Kirschen, strömt dazu Kaffee aus der hier „Dröppelminna" genannten Kanne mit Zapfhahn, während der Wind zufrieden um Schiefer und Fachwerk streicht - dann befindet man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Kaffeetafel im Bergischen Land.
Fünfzehn Kilometer südlich von Wuppertal liegt mit Solingen eine Perle der Region. Bodenständigkeit und kulinarische Gepflogenheiten wie die nahrhafte Bergische Kaffeetafel sind nur zwei ihrer Trümpfe. Schiefer und Fachwerk spiegeln die Solidität der Verhältnisse. Im historischen Herzen des Ortsteils Gräfrath sind mit dem schönen Marktplatz, Kirchen und Kaffeehäusern alle Notwendigkeiten des Lebens in Stein gegossen. Die Geschichte Gräfraths reicht tief in die Vergangenheit. Die Kirche St. Mariä Himmelfahrt, einst Teil eines Klosters, hat ihre Wurzeln im 12. Jahrhundert.
Zentrum für verfolgte Künste
Spätestens hier wird mancher denken, die keine 30 Kilometer von Düsseldorf entfernte Stadt unterschätzt zu haben. Hinter ihrer idyllischen Fassade hält sie gleich mehrere Überraschungen bereit. Dazu zählt etwa das Zentrum für verfolgte Künste. Es ist das einzige Museum in Europa, das sich ganz ehemals verbotener Kunst widmet. Zu Ruhm gelangte die 166.000-Einwohner-Stadt dennoch mit scheinbar schlichten Alltagsgegenständen: Neunzig Prozent allen Bestecks der Deutschen stammt von hier. Seit jeher schärft man hier mit Ernst und Leidenschaft Klingen, die als die besten der Welt gelten. Das Deutsche Klingen-Museum zollt dieser Tradition Tribut.
Klingen und Schwerter
Über der Wupper erhebt sich stolz die größte Burg im Westen Deutschlands. Auch Schloss Burg hat mit Klingen zu tun, mit Schwertern nämlich, ist aber vor allem eine romantische, im 19. Jahrhundert schön restaurierte Raubritterburg. In dem aus dem 12. Jahrhundert stammenden Bau wurden selten nur Waffen geschwungen, wohl aber Rüstungen, Kettenhemden und Schwerter aufbewahrt.
Kapelle, Kemenate, Ahnen- und Rittersaal führen tief ins Mittelalter in die Ära der Grafen und Herzöge von Berg. Und als wären die schärfsten Messer und der am üppigsten gedeckte Kaffeetisch nicht genug der Rekorde, ragt mit der Müngstener Brücke die mit 107 Metern höchste Eisenbahnbrücke im Land in den Himmel. Zweigleisig überspannt sie das Tal zwischen Solingen und Remscheid. Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie erbaut - eine ingenieurstechnische Meisterleistung, die nach dreizehn Jahren 1897 Bauzeit eröffnet wurde.
Die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands erklettern
Die Bogenbrücke aus Stahl ist 465 Meter lang. Der Clou: Über einen Klettersteig können Besucher die Brücke - begleitet von einem Führer - bis zum höchsten Punkt erklimmen. Lohn des Aufstiegs ist eine spektakuläre Aussicht auf das Tal und über die Umgebung.