Wie sicher ist es, kleinen Kindern die Nutzung von Bildschirmen zu erlauben? Das sagen Expertinnen und Experten
Eltern sind verunsichert, wie sicher Bildschirmzeit für kleine Kinder ist. Studien zeigen, wie sich zu viel Zeit vor dem Bildschirm auf Augen und geistige Entwicklung auswirken kann – ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt.

In einer zunehmend digitalisierten Welt sind Bildschirme allgegenwärtig – Smartphones, Tablets, Computer und Fernseher gehören längst zum Alltag, auch bei kleinen Kindern.
Doch wie sicher ist es, dass diese frühe und oft intensive Bildschirmnutzung die kognitive Entwicklung und die Augengesundheit von Kindern nicht beeinträchtigt? Zwei aktuelle wissenschaftliche Studien geben wichtige Hinweise zu den Auswirkungen von Bildschirmzeit auf Kinder und Jugendliche.
Kognitive Entwicklung und Bildschirmzeit: Überblick aus der Psychologie
Eine umfassende Übersichtsstudie von Guellai et al. (2022) fasst den aktuellen Stand der Forschung zu den Effekten von Bildschirmexposition auf die kognitive Entwicklung junger Kinder zusammen.
Positiv hervorgehoben wird, dass qualitativ hochwertige und altersgerechte Inhalte das Lernen unterstützen und sogar die Sprachentwicklung fördern können.
Allerdings warnen die Forscher vor zu langer Bildschirmzeit, die mit einer verminderten Aufmerksamkeitsspanne, sozialer Isolation und einer Verzögerung der Sprachentwicklung verbunden sein kann.
Wichtig ist laut Guellai und Kollegen, dass Bildschirmzeit nicht isoliert betrachtet werden sollte, sondern in Kombination mit anderen Aktivitäten wie Spielen, sozialem Austausch und vor allem ausreichend Schlaf.
Eine ausgewogene Nutzung, die Interaktion und aktive Beschäftigung einschließt, wird als Schlüssel für eine positive Entwicklung gesehen.
Bildschirmzeit und Myopie: Gefahr für die Augengesundheit
Während sich die kognitive Entwicklung mit der Bildschirmnutzung relativ gut steuern lässt, zeigt die Studie von Zong et al. (2024) einen besorgniserregenden Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und der Zunahme von Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Kindern und Jugendlichen.
Interessanterweise waren Smartphones in ihrer Untersuchung nicht signifikant mit Myopie assoziiert.
Die Autoren vermuten, dass dies unter anderem mit den geringeren Buchstabengrößen auf Smartphones und den dadurch geringeren „myopischen Signalen“ zusammenhängen könnte. Zudem wird vermutet, dass die Digitalisierung der Bildung den Gebrauch von Computern für lange Lernsitzungen begünstigt, was den Myopie-Effekt verstärken könnte.
Regionale und soziale Unterschiede
Zong et al. zeigen auch, dass der Einfluss von Bildschirmzeit auf Myopie regional unterschiedlich ist: In Ost- und Südasien ist die Verbindung besonders ausgeprägt, während sie in Europa und Amerika weniger deutlich ist.
Die hohe Bildungsintensität und die damit verbundenen langen Naharbeiten in asiatischen Ländern könnten dabei eine Rolle spielen.
In Ländern wie Südkorea, wo Kinder viele Stunden zusätzlicher Nachhilfe und Online-Lernen verbringen, ist die Myopie-Rate besonders hoch.
Herausforderungen und Ausblick
Beide Studien betonen, dass die meisten bisherigen Untersuchungen auf Selbstberichten der Bildschirmzeit basieren, was zu Ungenauigkeiten durch Erinnerungslücken führen kann.
Zudem sind viele Studien querschnittlich, was eine Kausalitätsaussage erschwert. Für die Zukunft empfehlen die Autoren, den Bildschirmgebrauch mit objektiven Messmethoden zu erfassen und vor allem longitudinale Studien durchzuführen.
Darüber hinaus sollte nicht nur die Bildschirmzeit selbst, sondern auch die Gesamtdauer der Naharbeit und die Zeit im Freien berücksichtigt werden, da mehr Zeit im Freien den Ausbruch und die Progression von Myopie bremsen kann.

Fazit: Bildschirme mit Maß und Ziel
Die Nutzung von Bildschirmen bei kleinen Kindern birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Eine klare Grenze für eine „sichere“ Bildschirmzeit gibt es noch nicht, doch beide Studien raten zu einem verantwortungsvollen Umgang.
Besonders bei der Augengesundheit sollten Eltern und Erzieher auf ausreichend Ausgleich durch Outdoor-Aktivitäten achten und Bildschirmzeiten begrenzen – vor allem bei längerem Lernen am Computer.
Bei der kognitiven Entwicklung sollte der Fokus auf qualitativ hochwertigen Inhalten und der Einbindung sozialer und spielerischer Aktivitäten liegen.
Quellen
Guellai, B., Somogyi, E., Esseily, R., & Chopin, A. (2022). Effects of screen exposure on young children’s cognitive development: A review. Frontiers in Psychology, 13, 923370.
Zong, Z., Zhang, Y., Qiao, J., Tian, Y., & Xu, S. (2024). The association between screen time exposure and myopia in children and adolescents: a meta-analysis. BMC Public Health, 24, 1625.